Schon zu seinen Lebzeiten erzählten sich die Menschen Geschichten undHeldentaten über Richard I. von England, genannt "Löwenherz" (1157 - 1199),König von EnglandGraf von Anjouund der Herzog der Normandie.Richard Löwenherz wurde zur Legendeund aus der Legende ein Mythos.Die Faszination hält bis heute an.
Als dritter Sohn von Heinrich II. Plantagenet, König von England, und Eleonore von Aquitanien sollte er eigentlich nicht den Thron besteigen. Daher teilte ihm seine Mutter (deren Lieblingssohn er war, obwohl er wie seine Brüder ständig gegen seinen Vater rebellierte) 1170 ihre Lehen in Aquitanien und Poitou zu. Nach dem Tod seiner älteren Geschwister erbte Richard die englische Krone und alle Besitztümer der Plantagenets, als Heinrich II. 1189 starb.
In Wirklichkeit war Richard I. kein Engländer und verbrachte nur einen Teil seines aktiven Lebens als Kreuzfahrer; dagegen zwei Drittel seines Lebens auf dem Festland. Wir sollten lernen, die Legenden zu durchschauen und Richard auf seinem wirklichen Heimatboden zu sehen.
Richard wurde am 8. September 1157 in Oxford geboren. Obwohl er in England geboren wurde, waren weder seine Eltern noch seine Großeltern Engländer. Sein Vater, König Heinrich II., war ein Franzose aus Anjou. Seine Mutter Eleonore war, Herzogin von Aquitanien, dem Herzogtum, welches ihre Vorfahren seit dem 10. Jahrhundert regierten.
Als Richard am 13. August 1189 in Portmouth landete, wurde er mit Begeisterung empfangen. Am 3. September folgte in der Westminsterabtei vom Erzbischof von Canterbury die Krönung. Er war der erste König seit der normannischen Eroberung, der ein Volksheld wurde. Ein Status, den er bereits in der Mitte des 13. Jahrhunderts errungen hatte. Zähe und intelligente Herrscher mögen seine Vorgänger gewesen sein, aber keiner von ihnen, weder Wilhelm der Eroberer nicht Heinrich I. noch Heinrich II., besaßen jene magische Eigenschaft, die Legende und Anekdote auf einen Menschen zieht. Richard verkörperte diese Eigenschaften in vielerei Hinsicht.
Der Historiker und Prof. John Gillingham versucht zu beschreiben, was für ein Herrscher-Typ Richard war:
"Richard war nicht nur der Herrscher über England, das Reich das er 1189 erbte, hatte sein Vater Heinrich II. durch Erbschaft, Heirat und Krieg erheblich ausgedehnt. Er herrschte nicht nur über die Engländer, sondern auch über die Normannen, Aquitanier und Angeviner, d.h. Richard Löwenherz herrschte über einen Großteil von Nord- und Westfrankreich, und die Bewohner des gesamten Reichs waren an den großen Erfolgen und Misserfolgen seiner Herrschaft beteiligt oder von ihnen betroffen. Zusätzlich kamen Wales, Irland und die Bretagne unter seinen Einfluss", denn der Herrscher über Irland war sein jüngerer Bruder Johann, während sein zweijähriger Neffe Arthur in der Bretagne von dessen Mutter Herzogin Konstanze vertreten wurde."
Die Herrschaft dieses heute berühmtesten und populärsten englischen Königs währte nur ein Jahrzehnt. Er wurde sehr stark von der ritterlich-höfischen Kultur Aquitaniens geprägt und folgte extrem dem Kreuzugsgedanken, der Rückeroberung Jerusalems, das seit 1187 erneut in muslemischen Händen war.
Prof. Arnulf Krause von der Uni Köln & Bonn schreibt in seinem Buch Die Normannen über Richard Löwenherz: "Ansonsten war ihm am Zusammenhalt des angevinischen Reiches gelegen und an einer dauerhaften Einigung mit Frankreichs König. Seine Herrschaft kostete bei allem Ruhm viel Geld für den Kreuzzug und die Kriege in Nordfrankreich, um das Reich der Anjou zusammenzuhalten."
Der Prüfstein des Herrschens war, ob ein König die Spielregeln des Lehenssystems für sich zu nutzen wusste oder nicht. Insgesamt erwies sich Richard als Talent, denn wie der Magister Philipp von Poitou, der 1193 in Worms Briefe von entscheidender Bedeutung aufgesetzt hatte, wurde nun zum Bischof gewählt.
Politische Stabilität hing vor allem davon ab, ob ein Herrscher die Reichen und die Mächtigen zu führen wußte. Die Grundbesitzer in England und der Normandie waren Lehnsmänner des Königs. Mit seinem Reich erbte Richard einen ungewöhnlich hoch entwickelten Regierungsapparat. In den wichtigsten Provinzen kümmerten sich von Richard eingesetzte Beamte, Vicomte um die Regierungsgeschäfte. In der Normandie, im Anjou, in England und in Aquitanien. Allein um dieses System zu kontrollieren, war es erforderlich sehr viele Sprachen zu verstehen und auch zu sprechen. Für Richard war das nichts ungewöhnliches, denn sein Vater Übergab Richard in jungen Jahren sehr oft einem Bischof, damit er die unterschiedlichen Sprachen in den jeweiligen Ländern lernte. In einer seiner Biographien stand, dass sich ein Mönch in englisch über Richard lustig machte, daraufhin machte Richard einen Witz über den Mönch vor den anwesenden Bischöfen in Latein, d.h. Richard sprach im jungen Jahren mehrere Sprachen perfekt, leider konnte der Mönch die römische Sprache nicht so gut wie Richard. Was kaum einer zur Kenntnis genommen hat war, dass Richard mehrere Jahre einen Mönch in England besuchte um Sprachen zu lernen. Später als er König von England wurde, integrierte Richard hohe Beamte in England, dadurch brauchte er kaum vor Ort sein.
Um Zölle und Steuern einzutreiben, waren Richard und sein Hof ständig unterwegs. Von Bayonne und Bordeaux bis Nottingham und Northampton.
Der jeweilige Aufenthaltsort des Königs wurde unweigerlich zum Zentrum einer regen Verwaltungstätigkeit, bei der es um die Auszahlung oder Erhebung von Steuern ging. Richard herrschte über die fruchtbaren Lande und wohlhabenden Hafenstädte an der gesamten Atlantikküste.
Das Angevinische Reich war mehr als eine Gebietsansammlung. In erster Linie war es eine Seemacht, deren Zusammenhalt auf gemeisame Interessen basierte, z.B. Weinexport abhängig von den regionalen Wirtschaftsräumen.
Dabei waren Hafenstädte wie Bayonne, La Rochelle und Bordeaux als Zentren des Salz-und Weinhandels von größter Bedeutung. Als Richard 1189 König wurde, hatte er schon 15 Jahre Herrschaftserfahrungin Aquitanien / Poitou und der Gascongne gesammelt.
In Sizilien bemühte er sich bei seinem 3.ten Kreuzzug, die Situation seiner Schwester Johanna, der Witwe des Königs Wilhelm II, zu regeln. Hier auf Sizilien heiratete er Prinzessin Berengaria von Navarra bevor Richard wieder in See stach und dann Zypern eroberte, das mehrere Jahrhunderte lang ein christliches Königreich bleiben sollte.
Der Gemeindeverband Vendée Grand Littoral hat eine 28,5 km lange Fahrradroute "Ça roule! avec Richard Coeur de Lion" zwischen Talmont-Saint-Hilaire und Jard-sur-Mer entworfen und ausgeschildert.
Der Historiker an der London School of Economics and Political Science Professor John Gillingham schreibt in seinem Buch über Richard Löwenherz:...“Ob es mir gelingt, andere von meiner Sicht zu überzeugen, weiß ich nicht, für mich aber hat sich die genauere Beschäftigung mit Bereichen des Lebens Richards I. - vor allem den Jahren, als er Herzog von Aquitanien war - gelohnt. Dieses Gebiet ist bisher von der Forschung kaum erfasst worden, und die Quellen deuten meiner Meinung nach daraufhin, dass Richard ein weit kompetenterer Politiker und Diplomat war, als die englische Geschichtsschreibung nahelegt...“Im Jahr 1199, als Richard Châlus belagerte, steckte ein Armbrustbolzen in seinem Hals. Das Projektil wird entfernt, aber in der Wunde bildet sich Wundbrand. Sein Körper wird sofort zerstückelt.Die Eingeweide werden in Châlus deponiert, das Herz wird nach Rouen geschicktund der Körper nach Fontevraud.
Richard Löwenherz - eine Legende.
© Photo Château Gaillard Irmgard Fölting
Gegen Ende des 12.Jahrhunderts erlebte die Burgenarchitektur in Frankreich einen grundlegenden Wandel. Richard Löwenherz war nicht nur ein kampflustiger König, sondern auch der Architekt des Château Gaillard. Sein strategisches und taktisches Denken zeigte, dass er komplexe Zusammenhänge erkannte. Das Richard I. eine beeindruckende Weitsicht bewies, erkennen wir am Château Gaillard. Wenn wir das Château besuchen, erhalten wi einen Flyer. Ich zitiere aus dem Flyer des Château Gaillard: "Das Château Gaillard ist ein Meisterwerk der Verteitigungsbauten und wurde in Rekordzeit von 1196 bis 1198 im Auftrag Richard Löwenherz' zum Schutz des anglonormanischen Herzogtums erbaut.Trotzdem fällt die Festung 1204 nach einem Angriff dem französischen König Philipp II. August in die Hände. An dieser Stelle möchte ich auf eine sehr gute Hausarbeit über Richard Löwenherz aus dem Jahre 2016 von Jörg Glowka hinweisen, weil sehr viele Quellen im Internet sich auf seine Arbeit bezogen haben.
Richard versammelte mehr als 6000 Facharbeiter - das zeigt wie Mächtig er war- und begann 1197 mit dem Bau. Zur gleichen Zeit bauten die Franzosen ein paar Kilometer weiter das Schloss Gaillon.
Richard Coeur de Lion investierte eine enorme Summe, um sein Ziel schnell zu erreichen.
© Photo Château Gaillard Irmgard Fölting
Innovativ war im Mittelalter die Konstruktion, denn das Château verfügte über die ersten
Pechnasen und Kettenbarrieren in der Seine, um Zölle zu generieren.Dadurch wurden die Baukosten reduziert. 5000 Tonnen Gestein wurden Tag und Nacht verarbeitet, normalerweise hätte man für so ein gigantisches Projekt 20 oder 30 Jahre benötigt. Das Château Gaillard - die „Burg der Mannhaftigkeit“ - wirkte wie ein triumphaler Machtanspruch und galt als die fortschrittlichste Festungsanlage des Mittelalters.
Das Château steht in einem Bereich, in dem sich die Seine verengt
und eine natürliche Kurve auf Höhe des Bootsanlegers Le Petit Andely macht,
gegenüber einer Halbinsel.
Das Ziel Richards war, nur einen Zugangsbereich zum Château zu gewähren, und zwar von dem Plateau auf der gegenüberliegenden Seite der Seine. Es ist eine relativ schmale Landzunge, die zur Festung hinaufführt und somit einfacher zu verteidigen.
Zu Zeiten Richard Löwenherz gehört die Normandie nicht zu Frankreich, sondern ist ein eigenständiges Herzogtum. Das Château Gaillard wird von 1196 bis 1198 in nur zwei Jahren gebaut! Nach dem Tod von Richard Löwenherz nimmt der französische König Château Gaillard im Jahr 1204 ein. Die Normandie wird ein Teil Frankreichs. Heute steht die Burg auf den Anhöhen der Seine und bietet einen weiten Blick aufLe Grand Andely im Landesinneren.Vor dem Plateau dient eine vorgeschobene Struktur mit dreieckiger Form als erste Verteidigung. Es gab einen Turm mit einem Durchmesser von 8 m und einer Höhe von 18 m (Symbolwirkung) von denen aus Bogenschützen schießen konnten, und einen umlaufenden Graben, der 12 m tief war. Wenn der Feind vor den Toren der Burg stand, mußte er er diese Hindernisse überwinden. Selbst wenn er diese erste Verteidigungsmauer überwand, war er im unteren Burghof ungeschützt, der ebenfalls durch eine zweite Mauer aus Türmen und einen weiteren Graben geschützt wurde.Diese zweite Mauer war sehr speziell, denn statt glatter Mauern wie bei den mittelalterlichen Burgen dieser Zeit wollte Richard Coeur-de-Lyon eine festlich verzierte Außenmauer errichten. Es handelt sich also um eine Stadtmauer, die aus 19 Kreisbögen besteht. Der Zweck dieser Architektur ist es, dass große Geschosse an der Struktur abrollen können, anstatt mit voller Wucht auf sie zu treffen.Es gibt auch Bereiche, die diese Rundungen ausnutzen, um mit möglichst wenigen toten Winkeln auf die Angreifer zu schießen. Diese Art von Architektur war im Frankreich des 12. Jahrhunderts völlig neu.Der englische König herrschte über die Normandie, aber auf der anderen Seite verstärkte der französische König Philippe-Auguste seine Truppen, um dieses kleine Stück Frankreich, das zu diesem Zeitpunkt der Geschichte nicht mehr wirklich Frankreich war, zurückzuerobern. Richard I. beschloss, eine Festung zu bauen, die wie ein Riegel wirken sollte, damit der französische König nicht mehr in die Normandie zurückkehren konnte.